Wundarten:
Definition, Beispiele & Bedeutung in der Wundversorgung
Wunden unterscheiden sich nicht nur in ihrer Ursache, sondern auch in ihrem Verlauf und ihrer Behandlung. Eine Einteilung nach Wundarten schafft hier Klarheit und ermöglicht eine gezielte, individuelle Versorgung.
Als größtes Organ unseres Körpers bildet die menschliche Haut eine lebenswichtige Schutzbarriere gegenüber der Außenwelt. Sie schützt vor Infektionen und Verletzungen und hilft dabei, den inneren Gleichgewichtszustand (Homöostase) zu wahren. Wird diese Barriere durch äußere oder innere Einwirkungen gestört, entsteht eine Wunde. Die Formen von Wunden sind ebenso vielfältig wie deren Ursachen. Um Komplikationen wie Infektionen oder chronische Heilungsstörungen zu vermeiden und eine fachgerechte Versorgung sicherzustellen, ist ein umfassendes Verständnis der verschiedenen Wundarten essenziell.
Definition Wundarten
Eine Wunde (lat. vulnus, griech. trauma) bezeichnet eine durch Gewalt oder Krankheit bedingte Schädigung, Durchtrennung oder Zerstörung von Körpergewebe an äußeren oder inneren Körperoberflächen wie Haut, Schleimhäuten oder Organen.
Charakteristisch für Wunden ist die Unterbrechung der physiologischen Hautbarriere, wodurch Schutzmechanismen außer Kraft gesetzt werden und das Risiko für Infektionen sowie für funktionelle Einschränkungen steigt.
Wundarten im engeren Sinne beschreiben die Klassifikation von Wunden nach ihrer Ursache (z. B. mechanisch, thermisch oder chemisch), ihrem Verlauf (akut oder chronisch) oder ihrem äußeren Erscheinungsbild (offen oder geschlossen). Die genaue Kategorisierung ist für die Auswahl einer effektiven Therapie entscheidend.
Primäre Kategorien (nach Ursache):
- Mechanische Wunden: – Schnitt-, Platz-, Riss-, Schürf-, Stich- und Bisswunden
- Thermische Wunden: – Verbrennung, Verbrühung, Erfrierung
- Chemische Wunden: durch Säuren/Laugen
- Elektrische Wunden: Stromverletzungen
- Strahlenwunden: UV-/ionisierende Strahlung
- Iatrogene Wunden: entstehen postoperativ oder infolge medizinischer Maßnahmen.
Chronische und spezielle Wundarten:
- Postoperative Wunden:
Sie treten nach chirurgischen Eingriffen auf und heilen in der Regel primär, können aber durch Infektion oder Dekhiszenz auch sekundär heilen.
- Druckgeschwüre (Dekubitus):
Entstehen durch länger anhaltenden Druck mit nachfolgender Durchblutungsstörung, können schwer heilbar sein und tiefgehende Gewebeschäden verursachen. Sie entstehen durch länger anhaltenden Druck mit nachfolgender Durchblutungsstörung, sind schwer heilbar und können tiefgehende Gewebeschäden verursachen.
- Ulcus cruris venosum:
Es entsteht infolge einer chronischen venösen Insuffizienz, meist im Bereich des Unterschenkels. Merkmale sind eine feuchte, langsam heilende Wunde mit typischer Lokalisation. Die Therapiegrundlage ist die Kompression.
- Ulcus cruris arteriosum:
Arteriell bedingte Wunden (z. B. infolge einer pAVK) zeigen sich oft an den Zehenrändern oder an den Füßen. Sie gehen mit Nekrosen und wenig Exsudat einher und sind oft sehr schmerzhaft.
- Diabetisches Fußsyndrom:
Es handelt sich um eine spezifische Komplikation bei Diabetes mellitus mit neuropathischen und/oder ischämischen Ulzerationen, die häufig mit Infektionen und Wundheilungsstörungen einhergehen.
Weitere Einteilung:
- Offene Wunden: – Hautdurchtrennung (z. B. Schnitt-, Schürfwunde)
- Geschlossene Wunden: Hämatome, Prellungen
- Primär heilende Wunden: schnelle, komplikationslose Heilung
- Sekundär heilende Wunden: verzögerte Heilung über Granulation und Epithelisation
Merkmale & Besonderheiten
Jede Wundart hat spezifische Merkmale, Heilungsdynamik und Risikoprofile:
– Mechanische Wunden: Risiko für Infektion, abhängig von Tiefe und Kontamination
– Chronische Wunden: heilen >8 Wochen nicht, z.B. Dekubitus, Ulcus cruris, diabetisches Fußsyndrom
– Iatrogene Wunden: Risiko durch OP-Nahtdehiszenz oder Infektion
– Ulkus cruris: ausgeprägtes Exsudat bei venöser Form, Nekrosen/Ischämie bei arterieller Form, oft Differenzialdiagnose notwendig
– Diabetisches Fußsyndrom: Polyneuropathie führt zu Sensibilitätsverlust, Infektionsgefahr besonders hoch, multidisziplinäre Therapie essentiell
Bedeutung für die Wundversorgung
Die Bestimmung der Wundart ist der erste Schritt einer zielgerichteten Therapie. Nur wenn feststeht, ob es sich um eine akute, chronische oder infizierte Wunde handelt, können die richtigen Maßnahmen wie Debridement, phasengerechte Wundauflagen oder eine Kompressionstherapie ergriffen werden.
Diagnostik und Therapieansätze
Für eine Wunddiagnose müssen die Ursache, Begleiterkrankungen, Lokalisation, Exsudatmenge, Infektzeichen und gegebenenfalls der Gefäßstatus erfasst werden.
- Wundreinigung: angepasst an Exsudat und Tenazität, häufig nach Nass-Trocken-Prinzip bei infizierten Wunden
- Feuchte Wundtherapie: fördert Heilung, unterstützt durch Hydrogele, Hydrokolloide
- Kompressionstherapie: Standard bei venösen Ulzera
- Druckentlastung: beim diabetischen Fuß, essenziell in Prävention/Therapie von Dekubitus
- Infektionsmanagement: topisch/systemisch je nach Keimbefund
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit: insbesondere bei chronischen und multimorbiden Wundpatienten
Gut zu wissen
Die Wahl der Wundauflage richtet sich nach der Exsudatmenge, dem Infektionsstatus und der Heilungsphase. Eine fachgerechte Dokumentation ist für die Verlaufskontrolle und die Anpassung der Therapie essenziell. Chronische Wunden erfordern in der Regel ein interdisziplinäres Vorgehen.
Merksatz für den
Versorgungsalltag
„Jede Wunde ist anders – die richtige Versorgung beginnt mit der richtigen Einordnung“
Für Patient:innen
erklärt
Nicht jede Wunde ist gleich. Es gibt kleine, akute Verletzungen wie Schnitt- oder Schürfwunden, die schnell wieder verheilen. Andere Wunden wie Druckgeschwüre (Dekubitus) oder ein „offenes Bein“ (Ulcus cruris) bleiben hingegen länger bestehen und benötigen eine spezielle Behandlung.
Warum ist das wichtig?
Je nach Art der Wunde entscheidet das Pflege- oder Ärzteteam über die geeignete Versorgung – etwa mit modernen Wundauflagen, Kompression oder speziellen Hilfsmitteln. So wird die Heilung unterstützt und Komplikationen werden vermieden.
Häufe Fragen
zu Wundarten (FAQ)
Neben mechanischen, thermischen, chemischen, elektrischen und Strahlenwunden sind insbesondere postoperative und chronische Ulkusformen (venös/arteriell), Dekubitus sowie Wunden des diabetischen Fußes relevant.
Ein venöses Ulkus befindet sich meist medial am Unterschenkel, zeigt eine starke Exsudation, während ein arterieles Ulkus an Zehen oder Fußrändern liegt, trocken ist, schmerzhaft und oft nekrotisch.
Weil sich die Behandlung stark nach der Ursache und Art der Wunde richtet. Nur so kann eine wirksame und sichere Therapie erfolgen.
Dazu zählen das venöse Ulkus (offenes Bein), der Dekubitus (Druckgeschwür) und das diabetische Fußsyndrom.
Nach acht Wochen ohne Heilungstendenz oder bei fortwährenden Heilungsstörungen gilt eine Wunde als chronisch.
Quellen:
- Dissemond J. (Hrsg.): „Wundversorgung: Standards und innovative Konzepte“
- Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW): Leitlinien „Ulkus cruris“, „Dekubitus“, „Diabetisches Fußsyndrom“
- Initiative Chronische Wunden e. V. (ICW). Standards in der Wundversorgung. 2023.