Komplexer Dekubitus
und pAVK – Ein Praxisfall

Hinweis: Dieser Beitrag enthält Fotos aus der Wundversorgung, die für manche Betrachter:innen belastend wirken können.

Komplexe Dekubitus-Fälle verlangen nicht nur die passende Wundauflage, sondern vor allem klare Abläufe, sorgfältige Diagnostik und gute Abstimmung zwischen allen Beteiligten. Das folgende Fallbeispiel zeigt, wie eine sichere, strukturierte und patientenzentrierte Versorgung dabei helfen kann, Komplikationen bei Druckschäden zu vermeiden und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

Fersendekubitus braucht eine konsequente, schrittweise Behandlung – von der sofortigen Druckentlastung über die Wundbeurteilung und eine phasen gerechte Behandlung bis hin zur Rückfallprophylaxe– insbesondere dann, wenn weitere Faktoren wie Immobilität, Gefäßerkrankungen oder unpassende Verbandtechniken ins Spiel kommen. Dieser Fall aus der Praxis unserer Fachlichen Leitung Ulrike Wagner zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Diagnostik, eine strukturierte Versorgung und ein wachsames Auge für Komplikationen sind.

Bevor wir in den Fall einsteigen, möchten wir Ihnen kurz die Expertin vorstellen, die den Patienten in dieser anspruchsvollen Versorgung begleitet hat.

2. Unsere Fachliche Leitung:

Ulrike Wagner ist Fachkrankenschwester für Intensiv/Anästhesie, erfahrene Wundexpertin und Fachliche Leitung bei OPED Wundversorgung. Viele Jahre begleitete sie Patient:innen mit komplexen Wundsituationen – immer mit dem Ziel, eine sichere, leitliniengerechte und individuell passende Versorgung zu ermöglichen.

Heute unterstützt Ulrike 18 Wundversorger:innen bei OPED Wundversorgung mit ihrer fachlichen Expertise. Sie teilt ihr Wissen und sorgt dafür, dass die Qualität der Versorgung stetig wächst.

Unsere Kollegin Ulrike Wagner, fachliche Leitung Wundversorgung, sitzt auf einer Coucklehne und lächelt in die Kamera.

3. Warum dieses Fallbeispiel wichtig ist

Auch bei routinierten Verbandwechseln können kleine Details große Folgen haben: In diesem Fall führte eine zu straffe Fixierung mit Mullbinde über den Fußrücken zu einem deutlich schwereren Druckschaden als der ursprüngliche Fersendekubitus – ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, mögliche Durchblutungsrisiken wie eine unerkannte pAVK früh mitzudenken, ohne dabei den Blick auf die Primärwunde zu verlieren.


In diesem Fall kamen mehrere Risikofaktoren zusammen:

  • ein Fersendekubitus (Erstdiagnose)
  • Druckinduzierte Gewebeschädigung am Fußrücken (durch einen zirkulär angelegten Fixierverband entstanden)
  • eine bis dahin unerkannte pAVK

Der Fall zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, die Gesamtsituation eines Patienten umfassend zu betrachten – und warum professionelle Wundversorgung mehr ist als ein Verbandwechsel.

4.Ausgangssituation

Der 85-jährige Patient befand sich in einer Pflegeeinrichtung. Bei der ersten Begutachtung fiel ein Dekubitus an der rechten Ferse auf, der durch Immobilität entstanden war.
Die Wunde zeigte sich:

  • mit Nekrosebildung – Grad 3 nach EPUAP

Parallel dazu hatte der Patient am Fußrücken eine massive iatrogene Gewebeschädigung -Grad 4 nach EPUAP, mit bereits freiliegender Sehne.

Die Stelle entstand durch einen mehrfach angelegten Fixierverband, der die Wundauflage der Ferse, bei bestehendem Dekubitus, sichern sollte.

Dieser Fall verdeutlicht, wie empfindlich das Gewebe älterer Menschen reagieren kann – selbst auf zunächst unauffällige Materialien und Druckeinwirkungen.

Während der Erstbegutachtung deuteten die Symptome zudem auf eine mögliche periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) hin – eine Diagnose, die später ärztlich bestätigt wurde und die Versorgung wesentlich beeinflusste.

5. Versorgung und Therapieentscheidungen

Ulrike entschied sich für ein strukturiertes Vorgehen, angepasst an die individuelle Situation des Patienten.
Im Fokus standen:

  • Druckentlastung der Ferse durch korrektes Lagern und geeignete Hilfsmittel
  • Sichere Wundreinigung zur Entfernung der Nekrosen
  • Einsatz einer phasengerechten Wundauflage
  • Schmerzlinderung und schonende Behandlung
  • Enger Austausch mit dem behandelnden Arzt, Pflegekräften und den Angehörigen.

Die Versorgung wurde so konzipiert, dass sie einerseits die Heilung unterstützt und andererseits die Belastung für den Patienten so gering wie möglich hält.

Tiefe Gewebeschädigung am Fußrücken

Die am Fußrücken entstandene Druckverletzung macht deutlich, wie sensibel das Gewebe auf Kompression reagieren kann.
Für die weitere Versorgung war es daher wichtig,

  • künftig auf zirkuläre Fixierung komplett zu verzichten.
  • Stattdessen sollten entlastende, hautschonende Fixierungstechniken zum Einsatz kommen.
  • Die betroffene Stelle musste vollständig entlastet werden.
  • Zudem war es wichtig, gemeinsam mit den Pflegekräften zu besprechen, wie sich solche Drucksituationen im Alltag vermeiden lassen, ohne dabei einzelne Personen oder Handlungen zu bewerten.

Die enge Zusammenarbeit im Team war entscheidend, um dem Patienten Sicherheit zu geben und eine stabile Heilungssituation zu ermöglichen.

Berücksichtigung der pAVK

Da die PAVK erst im Verlauf bekannt wurde, wurde die Versorgung entsprechend angepasst.

  • regelmäßige Einschätzung der Durchblutung
  • vorsichtige Wundreinigung
  • enge medizinische Rücksprache
  • und Auswahl geeigneter Maßnahmen, die die ohnehin eingeschränkte Perfusion nicht zusätzlich belasten.

Gerade bei älteren Menschen mit mehreren Begleiterkrankungen ist dieser ganzheitliche Blick auf die Situation von zentraler Bedeutung.

6. Verlauf und Ergebnisse

Durch konsequente Druckentlastung, sorgfältige und phasengerechte Wundversorgung konnten beide Wunden zur Abheilung gebracht werden.
Der sekundäre Dekubitus am Fußrücken heilte erwartungsgemäß zügiger ab, nachdem der Druck vollständig entfernt worden war.

Wunde durch zirkuläre Fixierung. Fallbeispiel von Ulrike Wagner. Bild bei Erstversorgung und Bild der Wunde nach 3 Wochen.

Besonders positiv war der Effekt der strukturierten Zusammenarbeit:
Pflegekräfte, Angehörige und Ärzt:innen arbeiteten eng mit Uli zusammen – ein entscheidender Faktor in komplexen Fällen.

Wunde durch zirkuläre Fixierung. Fallbeispiel von Ulrike Wagner. Bild nach 8 Wochen in der Versorgung und Bild der Wunde nach 5 Monaten

7. Praxisrelevanz & Lessons Learned

Dieser Fall zeigt mehrere wichtige Aspekte aus der modernen Wundversorgung:

  1. Druckentlastung ist das A und O

Fersendekubitus heilt ohne konsequente Entlastung nicht ab – Prinzip: Ursache beheben

  1. Verbandtechniken müssen sicher und hautschonend sein

Zirkuläre Fixierungen sind bei älteren Patient:innen ein hohes Risiko.

  1. Immer an die pAVK denken

Und zwar besonders bei:

  • fehlendem Heilungsfortschritt
  • Schmerzen
  • kühlen Extremitäten
  • atypischem Wundverlauf
  1. Wundversorgung ist Teamarbeit

Eine enge Abstimmung zwischen allen Beteiligten (Pflege, Arzt, Angehörigen und Wundexpert:innen) war hier entscheidend.

  1. Individuelle Therapie statt Schema-F

Jeder Dekubitus ist anders – und jeder Mensch auch.

8. Fazit & Ausblick

Der Fall zeigt eindrucksvoll, wie anspruchsvoll Wundversorgung sein kann – besonders im Zusammenspiel mit Gefäßerkrankungen und zusätzlichen Druckschäden.
Dank sorgfältiger Diagnostik, professioneller Versorgung und enger Zusammenarbeit konnten die Wunden des Patienten zum Abheilen gebracht werden.

Dieser Praxisfall von Uli Wagner macht deutlich, wie wichtig fachlich kompetente Wundversorgung ist – und welchen Unterschied es macht, wenn Wissen, Erfahrung und Menschlichkeit zusammenkommen.

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Quellen:

  • pflege.de (o.V.): Was ist ein Dekubitus? Ursachen, Symptome und Risikofaktoren. Online verfügbar unter: https://www.pflege.de/krankheiten/dekubitus/ [Zugriff: 23. Juni 2025].
  • pflege.de (o.V.): Dekubitus: Grade und Stadien im Überblick. Online verfügbar unter: https://www.pflege.de/krankheiten/dekubitus/grade-stadien/ [Zugriff: 23. Juni 2025].
  • pflege.de (o.V.): Dekubitusprophylaxe – So beugen Sie einem Druckgeschwür vor. Online verfügbar unter: https://www.pflege.de/krankheiten/dekubitus/dekubitusprophylaxe/ [Zugriff: 23. Juni 2025].
  • Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP): Expertenstandard „Dekubitusprophylaxe in der Pflege“, 2. Aktualisierung 2020. Online verfügbar unter: https://www.dnqp.de [Zugriff: 23. Juni 2025].
  • Gefeller, O./Eckardt, R. (Hrsg.): Pflege heute – Wundversorgung und Dekubitusprophylaxe, 6. Auflage, Elsevier, München 2022.